Al-Quds-Tag 7. Mai 21, Hamburg
Streit um antisemitischen Al-Quds-Tag und um Hamburgs Staatsvertrag mit Islamisten
Von Dr. Necla Kelek
Während ein Bündnis von Exil-Iranern, jüdischen, alevitischen und säkularen Organisationen am Al-Quds-Tag vor der Blauen Moschee an der Alster gegen jeden Antisemitismus demonstrieren wird, hält der (Verein) Forum HAFIZ der "engagierten" Hamburger ehemaligen Professoren wie Wolfram Weisse und Ursula Neumann und Politikerinnen wie die ehemalige Zweite Bürgermeisterin Christa Goetsch (Grüne) dies für kurios und fahrlässig.
Jedes Jahr rufen am letzten Freitag des Fastenmonats Ramadan - dieses Jahr ist es der 7. Mai - das iranische Mullahsystem, die Hisbollah und andere Islamisten in aller Welt zur Vernichtung Israels auf. Sie nennen die Aktion Al-Quds-Tag, Jerusalem-Tag, und wollen damit den Anspruch des Islam auf ganz Jerusalem bekräftigen. Dafür wurde bisher in Deutschland auch in Berlin demonstriert. Führende Mitglieder des "Islamischen Zentrums Hamburg (IZH)" waren in früheren Jahren dabei. In diesem Jahr wurde die Demonstration - coronabedingt - nicht genehmigt und abgesagt. Aber wie an jedem Freitag wird auch am Al-Quds-Tag in jeder schiitischen Moschee der Welt die Vernichtung Israels beschworen.
Gegen diesen Antisemitismus wird ein Bündnis von zivilgesellschaftlichen Initiativen und Vereinen, wie das "Junge Forum" der "Deutsch Israelischen Gesellschaft", die Gruppe "IWP - International Woman in Power" der "Verein Säkularer Islam Hamburg" zusammen mit prominenten Vertretern wie u.a. Christoph de Vries (CDU), Volker Beck (Die Grünen), Ria Schröder (FDP) vor der "Blauen Moschee" an der Alster Position beziehen.
Die Imam-Ali-Moschee, genannt die "Blaue Moschee", an der Schönen Aussicht an der Alster ist das geistige Zentrum des schiitischen Islam in Europa. Sie ist dem geistlichen Oberhaupt des Iran direkt unterstellt. Hier wurden die wesentlichen Pläne für die Diktatur der Mullahs erdacht, von den Geistlichen der Moschee werden auch heute noch die gläubigen Schiiten mit Fatwas, zum Beispiel Kinder zum Tragen des Kopftuches, belehrt.
Auch die Imam-Ali-Moschee ist ein - im Selbstverständnis der Muslime - politischer Ort, wie Moscheen im Islam nicht nur spirituelle, sondern auch von jeher politische Orte waren und der Islam auch eine politische Religion ist. Eine Demonstration an diesem Ort ist mehr als berechtigt.
Das sieht der Forum HAFIZ, Hamburger Forum für Interkulturelles Zusammenleben - anders. Er meint in einer Presseerklärung, die Demonstration sei "ohne Anlaß" schlicht ein "Kuriosum". Begründung: Die Demonstration in Berlin sei ja abgesagt und IZH-Vertreter würden sich (aktuell) nicht beteiligen. Nun findet der Al-Quds-Tag aber sehr wohl statt und die Absage ist nicht aus Einsicht, sondern vom Berliner Senat aus Gründen des Hygieneschutzes verfügt worden. Dem Forum HAFIZ geht es zudem um etwas Anderes. Es geht ihm darum, die inzwischen von den meisten Parteien kritisierten Staatsverträge mit der Schura und u.a. dem IZH zu retten.
Dazu muß man wissen, wer den Zusammenschluß HAFIZ repräsentiert. Zunächst einmal ist der gewählte Name des Forums für sich sprechend. Als "Hafiz" bezeichnet man in der islamischen Welt eine Person, die den Koran auswendig kennt und rezitieren kann. Der von Goethe verehrte persische Dichter Hafis (1315/25 - 1390) trug diesen Namen als Ehrentitel.
Sicher haben die Sprecher des Forums - unter anderem der Prof. Dr. für Religionspädagogik, Wolfram Weisse die Assoziation bewußt gewählt. Er und seine Mitstreiterin, die ehemalige Universitätsprofessorin für Erziehungswissenschaften, Ursula Neumann, sehen in gewisser Weise ihr Lebenswerk bedroht. Sie waren die Mitinitiatoren und Unterstützer der islamischen Vereine und Verbände, die seit 1999 in der Schura zusammengeschlossen sind und mit dem Hamburger Senat einen Staatsvertrag geschlossen haben. Weisse verteidigt, wie alle Sprecher, u.a. auch die ehemalige Zweite Bürgermeisterin Christa Goetsch (Grüne), die Staatsverträge in einem Youtube-Video (https://www.youtube.com/watch?v=xj2Bs-B4CnM) als ein "Zeichen der Vernunft", das zum "Frieden in der Gesellschaft" beigetragen hat. Ist das wirklich so?
Nicht erwähnt wird:
Sie beförderten Vertreter der national-islamistischen Milli Görüs zu Gesprächspartnern des Senats. Der 9/11 Attentäter Mohammed Atta und seine "Brüder" beteten in der Centrums-Moschee; von Hamburger Moscheen aus sind 86 junge Muslime aus Hamburg nach Syrien gegangen, um sich dem IS anzuschließen. Eine Friedensbewegung war das nicht. Und es war auch kein Anlaß für die Pädagogen, Präventionsprogramme gegen Extremismus zu entwickeln sie schwiegen.
Im Gegenteil, die verantwortlichen und mit ausreichend Mittel ausgestatteten Universitätsprofessoren haben aktiv und durch Duldung die Probleme, vor allem der muslimischen Migrantinnen, bis heute relativiert und schöngeredet. Mit dem Ergebnis, dass sich im Gegensatz zu dem von ihnen propagierten Miteinander, die Gesellschaft immer weiter auseinander dividiert hat.
Die Hafiz-Protagonisten sprechen in ihrem Videos von gegenseitigem Austausch, Dialog, Miteinander, gar von gegenseitigen Pflichten. Wo, wer und wann wurden jemals ein Imam und die Inhalte seiner Predigt in die Pflicht genommen? Wem gegenüber sind die Islamverbände, die Hocas Rechenschaft schuldig? Nicht nur die Kinder- oder Mehrehen, die in den Moscheen geschlossen werden, werden als Glaubensausübung und kulturelle Vielfalt hingenommen, wenn nicht gefeiert. Von Hassprädigten gegen den Westen ganz abgesehen.
Die Untersuchung und Maßnahmen gegen das islamische Familienrecht wie: Zwangsheirat, Kinderehen, Gewalt in der Ehe, waren und sind für sie kein Untersuchungs-Thema gewesen. Dass die meisten muslimischstämmigen Mädchen keine Berufsausbildung abschliessen, die meisten nicht berufstätig sind, ist für die Pädagogen auch kein Thema.
Als ich 2005 meine Untersuchung über den Zwang zur Ehe in der muslimischen Communitiy herausbringen wollte, warnten dieselben Personen, ich solle "die konservativen Kräfte", damals meinten sie die CDU, nicht stärken. Ich solle doch besser etwas "für" die Muslime tun.
Dasselbe Argument steht heute in der Presseerklärung vom HAFIZ-Sprecher Reiner Scholz, der davor warnt, die Anti-Al-Quds-Tag-Demo würde den "Hardlinern unter den Muslimen in die Karten" spielen.
Die Staatsverträge des Hamburger Senats, u.a. mit dem IZH, sollen im nächsten Jahr überprüft werden. Nach Aussagen von Kennern der Szene haben schon länger gar keine Gespräche mehr zwischen den Vertragspartnern stattgefunden, gehen Senatsvertreter vorsorglich auf Distanz zum IZH. Vielleicht ist den Vertretern des Senats, wie übrigens auch des Innenministeriums, und zum Schrecken der "engagierten" Hafiz-Vertreter inzwischen klar geworden, dass mit den Vertretern des politischen Islam kein Staat zu machen ist.
Und dass es - jenseits des Staatsvertrags - eine ganz neue Form von an der Realität und an den freiheitlichen Werten unserer Verfassung orientierter Zusammenarbeit mit den islamischen Religionsgemeinschaften geben muß.